Phase II: Integration (2007 - 2010)
Die Erforschung neuartiger Fertigungsprozesse in der Phase I wurde unter Berücksichtigung ihrer Integration in eine Prozesskette fortgeführt. Hierbei galt es, vorgelagerte und nachgeschaltete Prozesse des jeweiligen Fertigungsschrittes in der Prozessauslegung zu berücksichtigen. Dies konnte einerseits nur dadurch gelingen, indem Prozessmodelle entwickelt wurden, die die Verkettung vor- und nachgeschalteter Fertigungsprozesse entsprechend berücksichtigen. Ferner wurden die Fertigungsprozesse dahingehend erweitert, hohe Fertigungsgenauigkeiten bei kleinen Stückzahlen zu erreichen. Dadurch war ein intensiver Informationsaustausch der stark vernetzten Teilprojekte erforderlich. Die ausgetauschten Informationen lagen entweder als physikalisches Ergebnis in Form von Bauteilen oder als virtuelles Ergebnis in Form von Messreihen oder FE-Berechnungen vor. Der Austausch der gewonnenen Informationen erfolgte dabei auf mehreren Ebenen. Den Anforderungen des intensiven Austausches wurde bereits bei der Beantragung zur Phase II durch die neu beantragten integrativen Teilprojekte C6 und C7 Rechnung getragen. Auf virtueller Ebene (C7) war es gelungen, die Integration der Fertigungsprozesse in ein Gesamtmodell zu realisieren. Dabei konnten in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Modellintegration die grundlagenorientierten Methoden hierfür entwickelt werden. Ausgangspunkt der Prozesskette im SFB/TR 10 war das Runden beim Strangpressen (RubS). Durch die Forschungsarbeiten in Phase II konnten die Verfahrensgrenzen von zweidimensional auf dreidimensional gekrümmte Profile bei gleichzeitiger Steigerung der Fertigungsgenauigkeit erweitert werden. Außerdem konnten grundlegende Prozessentwicklungen zum Verstärken dieser Profile durchgeführt werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass die spezifische Festigkeit dreidimensional gekrümmter Profile prozesssicher durchgeführt und als integrierter Prozess in der Prozesskette betrachtet werden kann. Die Erweiterung der Verfahrensgrenzen dieses Fertigungsprozesses machte es notwendig, grundlegend neue Strategien zum flexiblen Greifen, Handhaben und Bearbeiten zu erforschen. Bei der flexiblen Fertigung dreidimensional gekrümmter Profile mussten schließlich die auftretenden Gewichts- und Beschleunigungskräfte des Aluminiumstranges durch die beiden Handhabungseinrichtungen aufgenommen werden. Dadurch wurden Rückwirkungen auf die Prozessführung oder die Bauteilqualität vermieden.
Die anschließende Zuführung verstärkter und dreidimensional gekrümmter Profile für die Weiterverarbeitung machte die Erforschung entsprechend flexibler Greif- und Spanntechnik erforderlich. Zusätzlich wurde entsprechende Messtechnik zur Bauteilprüfung und Qualitätssicherung entwickelt, um den nachfolgenden Zerspanungs- und Fügeprozessen geeignete Profil-Ist-Kennwerte zur Prozessauslegung zur Verfügung zu stellen. Ein wichtiges Instrument dabei war die Erprobung eines bauteilimmanenten Maßstabs zur Feinpositionierung und Konturerfassung. Der Maßstab wurde während des Strangpressprozesses mithilfe eines Lasers aufgebracht. In Phase I wurde das hohe Potenzial verstärkter, stranggepresster Bauteile festgestellt, die die spezifische Festigkeit erhöhen. Darum wurden in Phase II Fertigungsstrategien zur spanenden Bearbeitung und zum thermischen und umformtechnischen Fügen entwickelt. Werkstoff, Lage und Anzahl der Verstärkungselemente waren dabei wesentliche Informationen, die bei der Planung von Bearbeitungsstrategien, z. B. vor dem Hintergrund der Werkzeugverschleißminimierung, berücksichtigt wurden. Die Herausforderung in der Fügetechnik lag dabei auf der Verbindung verstärkter Profile zu einer Rahmenstruktur: Die Belastungen, denen die verstärkten Profile ausgesetzt sind, mussten über die Fügestelle hinweg übertragen werden können., Hierzu erfolgten grundlegende prozessnahe Untersuchungen zum Friction-Stir-Welding (FSW) und umformtechnischen Fügen durch Engen bzw. Weiten. Insbesondere für das umformtechnische Fügen verstärkter Profile spielen der vorgelagerte Fertigungsprozess der spanenden Bearbeitung und die dort gewählte Bearbeitungsstrategie eine große Rolle. Im Ergebnis ist die Fügestellenvorbereitung von essenzieller Bedeutung für die spätere Festigkeit der Fügestellen, sodass hier eine enge, teilprojektübergreifende Kooperation unabdingbar wurde.
Es konnten Prozessfenster aufgestellt werden, die eine Auslegung von Fügeprozess und Fügestelle ermöglichen. Um prozesssicher hohe Festigkeiten über Fügestellen von leichten Tragwerken übertragen zu können, die aus unverstärkten Profilen gefertigt worden sind, wurde sowohl eine entsprechende Bearbeitungsoptik als auch eine geeignete Nahtlagesensorik aufgebracht. Die Ergebnisse der Untersuchungen zum Fügen von leichten Tragwerken wurden in die SFB/TR 10-eigene Datenbank FügDAT aufgenommen. Indem Interaktionen zwischen betriebsbedingter strukturmechanischer Auslegung und technologischen Restriktionen der Fertigungsprozesse erfasst wurden, konnten alle Projektbereiche gekoppelt betrachtet und z. B. hinsichtlich eines hohen Leichtbaugrades optimiert werden. Um die genannten Interaktionen zu erfassen, gingen zuvor die ermittelten Prozessfenster, Ergebnisse aus den FE- Prozessberechnungen der B-Projekte sowie unscharfes Wissen durch Expertenbefragung mit ein. Aus der Verkettung der Teilprojekte A6, B2 und B3 entstand dabei das Transferprojekt T3 mit dem Titel: „Erweiterung der Frässimulation zur Bearbeitung von Leichtbaukomponenten unter Berücksichtigung von Werkzeug- und Maschineneigenschaften“. Aus den genannten Teilprojekten wurden dabei grundlegende Ergebnisse in das Transferprojekt übertragen, das von den Industriepartnern Premium Aerotec GmbH, Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH und Klenk GmbH & Co. KG mit einem großen finanziellen und arbeitsintensiven Anteil durchgeführt und umgesetzt wurde.
Ein Teilziel bestand darin, das Modell zur Zerspankraftberechnung bezüglich des nicht-orthogonalen Schnittes zu verbessern. Dieses stellte die Grundlage zur Prozesskraftberechnung entlang gedrallten Schneidens komplexerer Fräswerkzeuge dar und spiegelte so wiederum Ergebnisse in den SFB/TR 10 zurück.