2011

A6
Diplomarbeit

Abstract:

Das Fertigungsverfahren Fließbohren wird vorrangig angewendet, um an dünnwandigen Bauteilen bei einseitiger Zugänglichkeit auf Bohrmaschinen oder Bearbeitungszentren Kernbohrungen zu fertigen, die eine, gegenüber der originären Wanddicke, deutlich vergrößerte Gewindelänge ermöglichen. Zwei Bearbeitungsfälle sind dabei bereits in der industriellen Anwendung etabliert: Die Bearbeitung von Blechen oder Profilen senkrecht zu einer ebenen Oberfläche und die Rohrbearbeitung mit einer Vorschubbewegung, die im rechten Winkel zur Mittelachse verläuft. Die Beschränkung auf die genannten Anwendungsfälle führt jedoch zu Restriktionen z. B. bei der Gestaltung von Rahmenstrukturen. über die bekannten Anwendungen hinaus existiert eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, die im Rahmen der Arbeit partiell erschlossen werden. Zur Bearbeitung von rohrförmigen Querschnitten existieren Werkzeuglösungen, die entgegen der Vorschubrichtung fließendes Material zu einer ebenen Anlagefläche umformen. Fließbohrwerkzeuge dieser Art werden hier verwendet, um Schraubenköpfen oder Muttern an schrägen oder gewölbten Profilen ebene Anlageflächen zu bieten. Es werden sowohl experimentelle Arbeiten an ebenen Bauteiloberflächen unter Variation des Winkels zwischen Oberfläche und Werkzeugachse vorgestellt als auch Untersuchungen an Rundprofilen unter Variation des Abstandes zwischen Bauteilachse und Werkzeugachse. Als Probenkörper dienen dabei Aluminiumstrangpressprofile der Knetlegierung EN AW-6060 im Werkstoffzustand T4. Durch die asymmetrische Krafteinleitung wirkt während der Bearbeitung ein Biegemoment auf die Werkzeuge. Die Auswirkungen werden durch eine In-Prozess-Messung von Kräften und anschließende Bauteilvermessung durch 3D-Koordinatenmessung charakterisiert. Anschließend erfolgt eine Analyse der Materialverteilung im Durchzug in Abhängigkeit von der Bohrungswinkellage und -position relativ zum Strangpressprofil durch Längsschnitte und Gewindeauszugsversuche. Die Untersuchungen lassen eine Bewertung der Möglichkeiten und Grenzen zum flexiblen Einsatz des Fertigungsverfahrens Fließbohren zu. Das Fließbohren wird darüber hinaus zum lokalen Spreizen und Aufweiten von Flachprofilen genutzt. Das Ausformen der Buchsen aus der Profilwand geschieht dabei durch eine radiale Werkstoffverdrängung. Anschließend können Profile über Schraubverbindungen gefügt werden, deren Gewindegröße der Wanddicke des Ausgangsmaterials entspricht. Dieser Anwendungsfall wird für die Aluminiumknetlegierung EN AW-6082 im Werkstoffzustand T4 und T6 mit und ohne Prozesskühlung beim Fließbohren untersucht. Darüber hinaus wird die Übertragbarkeit der Anwendung auf verschiedene Stahlwerkstoffe und Polyamid 6.6 überprüft.